Tod eines Ehegatten vor Ausspruch der Ehescheidung bzw. vor Rechtskraft der Ehescheidung
Ein Beispielsfall:
Herr Schmidt hat einen Ehescheidungsantrag beim Familiengericht gestellt. Das Familiengericht hat über die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich bereits entschieden. Frau Schmidt verstirbt. Die Entscheidungen des Familiengerichtes sind zum Todeszeitpunkt noch nicht rechtskräftig.
Kein Versorgungsausgleich – Verfahren kraft Gesetzes erledigt
Ist der Scheidungsantrag beim Familiengericht gestellt, aber über die Ehescheidung und damit auch über den Versorgungsausgleich als sogenannte Folgesache noch nicht entschieden oder die Entscheidungen zur Ehescheidung und zum Versorgungsausgleich sind zum Zeitpunkt des Todes des Ehegatten noch nicht rechtskräftig, findet kein Versorgungsausgleich statt. Das Ehescheidungsverfahren ist gemäß § 131 FamFG kraft Gesetzes erledigt, ohne dass das Gericht dies gesondert feststellen muss. Eine Beschwerde gegen den Versorgungsausgleichsbeschluss des Familiengerichtes wäre daher unzulässig.
Anspruch des überlebenden Ehegatten auf Hinterbliebenenversorgung
Hat der überlebende Ehegatte im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 46 SGB VI einen Anspruch auf Zahlung von Witwen- oder Witwerrente, ist für die Beantragung der Rente der Nachweis der Erledigung des Ehescheidungsverfahrens erforderlich. In diesen Fällen muss ein Antrag auf Feststellung der Erledigung beim Familiengericht gestellt werden. Die erbrechtliche Vorschrift des § 1933 BGB, der den Wegfall des Ehegattenerbrechtes bewirkt, gilt im Versorgungsausgleichsrecht nicht, so dass ein Anspruch des überlebenden Ehegatten auf Hinterbliebenenversorgung trotz etwaigem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1933 BGB und dem damit verbundenen Wegfall seines Erb- und Pflichtteilsrechtes in Betracht kommt.
Tod eines Ehegatten nach Rechtskraft der Ehescheidung und vor Rechtskraft des Versorgungsausgleiches
Ein Beispielsfall:
Herr und Frau Meier haben die Ehescheidung vor dem Familiengericht beantragt. Das Familiengericht hat über die Ehescheidung bereits entschieden. Rechtskraft ist eingetreten. Das Versorgungsausgleichsverfahren wurde aus dem Verbundverfahren abgetrennt und später entschieden. Frau Meier stirbt vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich.
Ist über die Ehescheidung bei Tod eines Ehegatten bereits rechtskräftig entschieden, die Entscheidung über den Versorgungsausgleich aber noch nicht rechtskräftig oder noch gar nicht existent, da ein Antrag gemäß Art 17 Abs. 4 EGBGB erst nach der Ehescheidung gestellt wurde, gilt § 31 VersAusglG.
Der Anspruch des verstorbenen Ehegatten auf Durchführung des Versorgungsausgleichs erlischt. Den Erben steht kein Recht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zu ( § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG).
Versorgungsausgleich ist gemäß § 31 VersAusglG durchzuführen
Der überlebende Ehegatte verliert sein Recht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht. Er muss das Recht auf Wertausgleich nach dem Tod des anderen Ehegatten gegenüber dessen Erben geltend machen (vgl. § 31 Abs. 1 S. 1 VersAusglG).
Stellt der überlebende Ehegatte einen Antrag nach § 31 VersAusglG verbleiben ihm seine eigenen Anrechte vollständig (§ 31 Abs. 1 S. 2 und § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG). Es findet, anders als sonst, kein Hin- und Her-Ausgleich statt.
Auszugleichen ist die hälftige Wertdifferenz der von beiden Ehegatten erlangten Anrechte.
In die zu erstellende Ausgleichsbilanz einzustellen sind alle Anrechte mit Ausnahme der noch verfallbaren. Zu berücksichtigen sind als Rechnungsposten daher auch geringfügige, unwirtschaftliche und ausländische Anrechte. Die bei interner Teilung anfallenden Teilungskosten einzelner Anrechte sind bei der Erstellung der Gesamtbilanz nicht zu berücksichtigen.
Die einzelnen Anrechte sind jedoch meist nicht vergleichbar. Sie haben zumeist verschiedene Bezugsgrößen (z. B. Entgeltpunkte, Rente, Versorgungspunkte etc.). In solchen Fällen ist der Kapitalwert oder bei einer anderen Form der Bezugsgröße (z. B. Entgeltpunkte) als Hilfswert der sog. korrespondierende Kapitalwert (§ 47 VersAusglG) heranzuziehen.
Ausgleich nur, wenn überlebender Ehegatte die geringeren Versorgungsanrechte hat.
Ergibt die Gesamtbetrachtung, dass der überlebende Ehegatte insgesamt höhere Anrechte erlangt hat, findet kein Versorgungsausgleich statt.
Ergibt die Gesamtbetrachtung, dass der überlebende Ehegatte insgesamt niedrigere Anrechte erlangt hat, kommt ein Ausgleich in Höhe der hälftigen Wertdifferenz in Betracht. Die Bagatellprüfung des § 18 VersAusglG ist vorzunehmen.
Bild oben: © Seventyfour/adobeStock
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